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tische Willkür; aber die glänzendste, nach seiner Schätzung die
rühmlichste, jedoch nach dem Ausspruche der Gerechtigkeit die ver-
abscheuungswürdigste, war der Umsturz des griechischeil Reichs.
Unter den Gesandten, die fern von Morgen um den Thron
Mohamed's glückwünschend sich drängten, waren jene von Con-
stantin die beflissensten gewesen. Zu allen sprach der Sultan das
Wort des Friedens und der Freundschaft; aber nur ans seinen
Lippen war das Wort, im Herzen brütete der Krieg. Der stolzeste
aller Menschen erniedrigte sich aus Herrschsucht zur verächtlichsten aller
Tücke. Daher, als er auf einem schnellen Kriegszuge einige auf-
rührerische Provinzen beruhigt hatte, entriß er, schnell die Larve
abnehmend, den sorglos schlummernden Griechen die schönsten
Ländereien, deren Besitz er ihnen kurz vorher auf das feierlichste
versichert hatte, und es ergieng der Befehl zur Erbauung eines
festen, drohenden Schlosses an der Meerenge im Angesichte von
Constantinopel. Damals schon beschloß Constantin mit echt rö-
mischem männlichen Sinne, das Schwert zu ziehen, weil er es
lieber früher, aber mit Ruhm und Erfolg, als später, aber hoff-
nungslos ergreifen wollte; aber die Zaghaftigkeit der Menge und
der unpatrivtische Geist der Großen zwangen ihn, sein Heil in Unter-
handlungen zu suchen, in denen so wenig, als im Kriege, das
schwache Recht gegen die starke Raubgier etwas vermag.
Mohamed wollte Krieg, und so blieb auch dem Kaiser, wenn
er nicht etwa schändlich vom Throne herabsteigen und als frei-
williger Sclave die Gnade eines übermüthigen Herrn verehren
wollte, nichts anderes übrig. Er bewilligte jenen Bau, und die
Türken zerstörten ringsum Paläste und Tempel, um Mauersteine
zu erhalten; sie tödteten einige kühne Vertheidiger der Altäre und
mordeten grausam die Mannschaft eines Schiffes, das sich ge-
weigert hatte, dem Schloßhauptmann einen widerrechtlich geforderten
Zoll zu entrichten. Constantin trauerte und schwieg; aber da ließ
ein übermüthiger Bassa seine und seines Gefolges Pferde im reifen
Korn um Constantinopel weiden. Zürnend ob dem Raub und
empört durch den Hohn, erschlugen die Landleute einige Frevler,
und Mohamed, als wäre er selbst der Beleidigte, sandte seine mord-
lustigen Scharen, die das unglückliche Dorf in Asche legten
und weit umher die schuldlosen Schnitter würgten. Jetzt wurden
die Thore Constantinopel's geschlossen, die Straßen füllten sich mit
bestürzten Volkshaufen, und der Feigste sah ein, daß nur die Ent-
scheidung des Schwertes übrig sei. — Es giebt auf der ganzen
Welt keinen größern und erhabneren Anblick, als ein Volk, das
beim Hereinbrechen der äußersten Gefahr sich ermannt und zur
Rettung des Kostbarsten und Heiligsten, zur Vertheidigung seines
Daseins und seiner Ehre, mit der Entschlossenheit der Verzweiflung
die Waffen ergreift. Hier hört aller Unterschied des Geschlechts,
des Alters und des Standes auf. Hnnderttausende sind wie von
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Extrahierte Personennamen: Constantin Mohamed Constantin Bassa Mohamed
17
rühmte sich, den Kaiser getödtet zu haben: sein Körper lag unter
seinen erschlagenen Gefährten, und ringsum türmte sich ein Hügel
von feindlichen Leichen. Soll ich die Schreckniffe schildern, die
jetzt folgten? das Angstgeschrei der Fliehenden, die Streiche der
erbarmungslosen Wuth, die Blässe des Entsetzens, den tausend-
stimmigen Jammer der Verzweiflung? Die Häuser standen verlassen;
wehrlos zitternd, wie verscheuchte Schafe, drängten sich die un-
glücklichen Bewohner in den Straßen und Plätzen, oder füllten
die Tempel, um an den heiligen Altären eine Freistätte zu suchen;
umsonst! alles schwamm in Blut, und was dem Mordschwerte
entgieng, wurde der Naubsucht Opfer. Sich selbst nur die Ge-
bäude vorbehaltend, hatte Mohamed die Schätze Constantinopel's
sammt ihren Eigenthümern seinen stürmenden Soldaten geschenkt,
und sie eilten, dieses frevlerische Geschenk zu gebrauchen. Alle Kost-
barkeiten der Stadt, die Meisterwerke griechischer Kunst und Pracht
wanderten, viele zertrümmert, nach dem türkischen Lager, und bald
kehrten die Räuber zurück, sich der Geplünderten selbst neben ihrer
Habe zu versichern. Ohne Rücksicht des Standes und des Alters,
ohne Schonung der heiligsten Baude der Natur und des Herzens,
so wie der Zufall, das Recht der erstell Ergreifung, oder das
Machtwort eines Stärkern sie austheilte, sahen die unglücklichen
Griechen sich voll gefühllosen Tyrannen in die Sklaverei geschleppt.
Man band sie zusammen wie verächtliche Thiere. Das edle Mäd-
chen mit dem Manne des Pöbels, der Patrizier mit dem niedrigsten
Knechte, die Nonne mit dem Galeerensclaven zusammengekoppelt,
fühlten der nämlichen Geisel Hiebe. Der Geliebte wurde getrennt
von der weinenden Braut, der Freund vom Freunde; des alten
Vaters Armen entwand man den Sohn, und die Mutter, die
ängstlich nach der geliebten Tochter blickte, sah sie, von sich weg-
gerissen, in einen fernen unbekannten Kerker ziehen. Vielen gab
die Verwirrung Hoffnung zur Flucht. Ganze Scharen knieten aus
dem Strande und beschworen die wegrlldernden Schisser, sie in
ihre Barken aufzunehmen. Unerbittlich blieben die einen; andere,
die ihre Fahrzeuge mit Flüchtlingen überluden, versanken auf hohem
Meere. Manche flohen gegen die Gebirge; aber wen der nach-
folgende Feind ereilte, der blutete unter seinen Streichen. Die
Glücklichsten irrten viele Tage in Wildnissen umher. Senatoren,
Reiche aller Klassen, dem Schoße der Bequemlichkeit, der Fülle des
Lebensgenusses entrissen, lernten zum erstenmal des Hungers ver-
zehrende Qualen kennen und trugen, stöhnend unter der Bürde
weniger geretteter Habseligkeiten, die wunden Füße durch Dickicht
und Dornen.
Noch füllte Mord, Raub und jede Gewaltthat die unglückliche
Stadt. Da betrat Mohamed im Triumphgepränge die bluttriefenden
Straßen, und ein Herold verkündigte Gnade dem elenden Überreste
des Griechenvolks. Mit einer eisernen Keule bewaffnet, ritt er
Colshorn u. Goedeke's Lrsebuch Iii. 2
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23
dm Leichen hervorkrochen, hernmirrende Kinder, die mit herzzer-
schneidendem Geschrei ihre Eltern suchten, Säuglinge, die nn den
tobten Brüsten ihrer Mütter saugten! Mehr alö sechstausend Leichen
mußte man in die Elbe werfen, um die Gassen 511 räumen 5 eine
ungleich größere Menge von Lebenden und Leichen hatte das
Feuer verzehrt; die ganze Zahl der Getödteten wird auf dreißig-
tausend angegeben. -
Der Einzug des Generals, welcher am vierzehnten erfolgte,
machte der Plünderung ein Ende, und was bis dahin gerettet
war, blieb leben. Gegen tausend Menschen wurden aus der Dom-
kirche gezogen, wo sie drei Tage und zwei Nächte in beständiger
Todesfurcht und ohne Nahrung zugebracht hatten. Tilly ließ
ihnen Pardon ankündigen und Brot unter sie vertheilen. Den
Tag daraus ward in dieser Domkirche feierliche Messe gehalten
und unter Abfeuerung der Kanonen das Tedeum angestimmt.
Der kaiserliche General durchritt die Straßen, um als Augenzeuge
seinem Herrn berichten zu können, daß seit Troja's nnb Jerusalems
Zerstörung kein solcher Sieg gesehen worden sei. Und in diesem
Vorgeben war nichts Übertriebenes, wenn man die Größe, den
Wohlstand und die Wichtigkeit der Stadt, welche untergieng, mit
der Wnth ihrer Zerstörer zusammendenkt.
9.
Ulrich Zwingli in der Aappeler Schlacht.
Aus Fröhlich's Ulrich Zwingli.
Zürich 1840- — Vergl. Gesammelte Schriften. Frauenseld 1853. Bd. Iii.
Noch liegt im Schlafe Zwingli, und noch ift's Morgen nicht,
Da pocht es an die Thüre; ihm sendet schon Bericht
Abt Joner her von Kappel, und so beginnt das Blatt:
'Der Feind ist aufgebrochen; eilt, eilt uns zu, was Waffen hat.'
Da nimmt der fromme Zwingli die Rüstung von der Wand,
Mit der er schon im Blute vor Marignano stand:
Sturmhaube, Schwert und Panzer, noch glänzend stets bewahrt
Als Spiegel jener Thaten und nach der Väter Landesart.
So groß das Schwert und mächtig, es ist ihm nicht zu lang,
Es steht ihm wohl und hindert nicht seinen großen Gang;
Der Panzer, wie gewölbt auch, er ist ihm nicht zu weit,
Er deckt ihm rechtermaßen die Heldenbrust so stark als breit.
So zieret eins das andre des Mannes Helm und Haupt
Und scheinet, wenn auch schmucklos, dennoch von Sieg umlaubt.
So tritt er jetzt noch einmal zu seinem Pult heran
Und sieht in einer Summe, was hier er Tag und Nacht gethan —
Und denkt: 'Nehm' ich die Bibel mit mir, den höchsten Hort?
Doch nein, sie ist geschrieben ins Herz mir Wort für Wort.
Und nah' schon ist der Meister, der, wo mir Licht gebricht,
Mich selbst wird unterrichten von Angesicht zu Angesicht.'
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sah einen Stern aus dem Himmel fliehen und im Falle schimmern
und auf der Erde zerrinnen. Das bin ich,' sagte sein blutendes
Herz, und die Schlangenzähne der Neue gruben darin in den
Wunden weiter. — Die lodernde Phantasie zeigte ihm schleichende
Nachtwandler auf den Dächern, und die Windmühle hob ihre
Arme drohend zum Zerschlagen auf, und eine im leeren Todten-
hause zurückgebliebene Larve nahm allmählich seine Züge an.
Mitten in den Kamps floß plötzlich die Musik für das Neu-
jahr vom Turm hernieder wie ferner Kirchengesang. Er wurde
sanfter bewegt; er schauete um den Horizont herum und über
die weite Erde, und er dachte an seine Jugendfreunde, die nun,
glücklicher und besser als er, Lehrer der Erde, Väter glücklicher
Kinder und gesegnete Menschen waren, und er sagte: ‘D, ich
könnte auch wie ihr diese erste Nacht mit trocknen Augen ver-
schlummern, wenn ich gewollt hätte! — Ach, ich könnte glücklich
sein, ihr theuern Eltern, wenn ich eure Neujahrswünsche und
Lehren erfüllet hätte?
Im fieberhaften Erinnern an seine Jünglingszeit kam es ihm
vor, als richte sich die Larve mit seinen Zügen im Todtenhause
auf; endlich wurde sie durch den Aberglauben, der in der Neu-
jahrsnacht Geister und Zukunft erblickt, zu einem lebendigen Jüng-
ling, der in der Stellung des schönen Jünglings vom Capitol sich
einen Dorn auszieht, und seine vorige blühende Gestalt wurde ihm
bitter vorgegaukelt. — Er konnt' es nicht mehr sehen; er verhüllte
das Auge; tausend heiße Thränen strömten versiegend in den
Schnee; er seufzte nur noch leise, trostlos und sinnlos: <Komme
nur wieder, Jugend, komme wieder!' . . .
Und sie kam wieder; denn er hatte nur in der Neujahrsnacht
so fürchterlich geträumt: er war noch ein Jüngling. Nur seine
Verirrungen waren Fein Traum gewesen; aber er dankte Gott,
daß er, noch jung, in den schmutzigen Gängen des Lasters um-
kehren und sich auf die Sonueubahu zurück begeben konnte, die
ins reiche Land der Ernten leitet.
Kehre mit ihm, junger Leser, um, wenn du auf seinem Irr-
weg stehst! Dieser schreckende Tranm wird künftig dein Richter
werden; aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: 'Komme
wieder, schöne Jugend!' so würde sie nicht wieder kommen.
17.
Gewisse Worte.
Von Hartmann.
Neuere Gedichte. Leipzig 1846. S. 267.
Worte giebt's, die nie verhallen! Und die von Kant' zu Kante springen
Sie find wie Steinchen, die gefallen Und stets von neuem aufwärts klingen,
In einen Brunnen schwarz und tief. Wenn scheinbar längst ihr Ton ent-
schlief.
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6
Jetzo ein kürzerer Blitz,'da brach das Gewölk, und der Regen
Prasselte laut in die Tiefe. Der Donner erscholl, von des Flutschwalls
Tosendem Heulen verschlungen. Hinaus in die ebene Landschaft
Wanderte schwer der Orkan und wälzte die Wucht des Gewitters
Über Jkonium hin und den See, und der düsteren Reise
Zeigten die Blitze den Weg.
Im Sand auf den triefenden Sitzreihn
Lag das versammelte Volk mit geblendeten Augen und Sinnen,
Wüst in einander geknäuelt. Besinnungslos in der Runde
Irrten in thörichter Flucht um die Zinnen des Amphitheaters
Weiber mit flatterndem Haar, am Arme die schreienden Kinder.
Stöhnen und Winseln erscholl, Wehklagen Zertretener, Flüche
Unter Gebete gemischt in der greuelvollen Verwirrung.
Einige standen erstarrt und duldeten alles gefühllos,
Hin und her von den Nächsten gezerrt, die hinab zu den Pforten
Drängend den Ausweg suchten. Zurück dann wieder geworfen,
Ballten sich fester die Haufen und wütheten gegen einander.
Erst als fern das Gewitter verklang und der Regen verrauschte
Und mit siegendem Strahl das Gestirn aus Wolken hervorbrach,
Ward dem Getümmel ein Ziel, und dem tausendstimmigen Lärmen
Folgt' urplötzliche Stille. Da wagten verschüchterte Blicke
Sich vom Boden zu lösen, und steh, inmitten der Bühne
Stand noch immer das Opfer und wartete willig des Endes.
Langsam tropfte die Flut von den Scheitern des Bau's. Und die Krieger
Traten heran und hoben den starr daliegenden Prätor
Auf vom Boden. Er sprach wie ein Mann im Fieber, verstörte
Worte, bewußtlos irrte sein Aug' in der schattigen Höhle.
Aber auf einmal sprang er zurück, und Skyron umklammernd,
Deutet' er, schaudernd erwacht, mit gebrochenem Schrei auf den Boden
Neben dem Holzstoß hin. Da lag zu Füßen der Leiter
Todt, das Gesicht vom Blitze verkohlt, der Kybelepriester.
(Der Prätor löst der Jungfrau die Ketten vom Arm und giebt sie frei. Tryphon
sendet sie in Begleitung eines erprobten Sclaven gen Derbe zu einem treuen Freunde und
Mitarbeiter im Weinberge des Herrn. Sie besteigt das Maulthicr, und — so lautet des
Gedichtes Schluß —
<So ritt sie dem leuchtenden Morgen entgegen
Mit taghellem Gemüth, und hinter ihr blieben die Schatten.')
4.
Die Herrschaft des Geistes.
Von Schubert.
Lehrbuch der Menschen- und Seelenkunde. Erlangen 1838. S. 238.
Der Geist ist es, und nur der Geist, welcher die Macht der
Menschenseele zu den Werken der Kunst und Wissenschaft steigert und
bekräftiget. Er ist es, welcher dem Kunsttriebe, der sich auch im
Thier mit prophetischer Kraft reget, bei dem Menschen die Vor-
aussicht und das Hineinschauen in ein Sein und Wesen der
Ewigkeit verleihet; er ist es, welcher in das Werk der Staaten
und der bürgerlichen Ordnungen neben und über der äußren Form,
die an das Zusammengesellen der Bienen erinnert, den Abglanz
einer höheren, göttlichen Ordnung hineinlegt. Es giebt aber noch
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Zum Kampfe muß er sich bereiten,
Dvch bald ermattet sinkt die Hand;
Sie hat der Leier zarte Saiten,
Doch nie des Bogens Kraft gespannt.
Er ruft die Menschen an, die Götter;
Sein Flehen dringt zu keinem Retter:
Wie weit er auch die Stimme schickt,
Nichts Lebendes wird hier erblickt.
'So muß ich hier verlassen sterben,
Auf fremdem Boden, unbeweint,
Durch böser Buben Hand verderben,
Wo auch kein Rächer mir erscheint!'
Und schwer getroffen sinkt er nieder:
Da rauscht der Kraniche Gefieder;
Er hört — schon kann er nicht mehr sehn —
Die nahen Stimmen furchtbar krähn.
Won euch, ihr Kraniche dort oben,
Wenn keine andre Stimme spricht,
Ser meines Mordes Klag' erhoben!'
Er ruft es, und sein Auge bricht.
Der nackte Leichnam wird gefunden,
Und bald, obgleich entstellt von Wunden,
Erkennt der Gastfreund in Korinth
Die Züge, die ihm theuer sind.
'Und muß ich so dich wiederfinden,
Und hoffte mit der Fichte Kranz
Des Sängers Schläfe zu umwinden, O
Bestrahlt von seines Ruhmes Glanz!'
Und jammernd hören's alle Gäste,
Versammelt bei Poseidon's Feste;
Ganz Griechenland ergreift der Schmerz,
Verloren hat ihn jedes Herz.
Und stürmend drängt sich zum Prytanen
Das Volk, es fordert seine Wuth,
Zu rächen des Erschlagnen Manen,
Zu sühnen mit des Mörders Blut.
Doch wo die Spur, die ans der Menge,
Der Völker flutendem Gedränge,
Gelocket von der Spiele Pracht,
Den schwarzen Thäter kenntlich macht?
Sind's Räuber, die ihn feig erschlagen?
That's neidisch ein verborgner Feind?
Nur Helios vermag's zu sagen,
Der alles Irdische bescheint.
Er geht vielleicht mit frechem Schritte
Jetzt eben durch der Griechen Mitte,
Und während ihn die Rache sucht,
Genießt er seines Frevels Frucht;
Auf ihres eignen Tempels Schwelle
Trotzt er vielleicht den Göttern, mengt
Sich dreist in jene Menschenwelle,
Die dort sich zum Theater drängt.
li*
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Den Rittern in den Rücken fällt er mit grauser Wuth,
Helit' will der Städter baden im heißen Ritterblut.
Wie haben da die Gerber so meisterlich gegerbt!
Wie haben da die Färber so purpurroth gefärbt!
Heut nimmt man nicht gefangen, heut geht es auf den Tod,
Heut spritzt das Blut wie Regen, der Anger blümt sich roth.
Stets drängender umschlossen und wüthender bestürmt,
Ist rings von Brüderleichen die Ritterschar umtürmt.
Das Fähnlein ist verloren, Herr Ulrich blutet stark,
Die noch am Leben blieben, sind müde bis ins Mark.
Da haschen sie nach Rossen und schwingen sich darauf,
Sie hauen durch, sie kommen zur festen Burg hinauf.
'Ach Allm —' stöhnt' einst ein Ritter, ihn traf des Mörders Stoß
'Aumächt'ger!' wollt' er rufen — man hieß davon das Schloß.
Herr Uliich sinkt vom Sattel, halbtodt, voll Blut und Qualm,
Hätt' nicht das Schloß den Namen, man hieß' es jetzt Achalm.
Wohl kommt am andern Morgen zu Reutlingen ans Thor
Manch trauervoller Knappe, der seinen Herrn verlor.
Dort auf dem Rathhaus liegen die Todten all gereiht,
Man führt dahin die Knechte mit sicherem Geleit.
Dort liegen mehr denn sechzig, so blutig und so bleich,
Nicht jeder Knapp erkennet den todten Herrn sogleich.
Dann wird ein jeder Leichnam von treuen Dieners Hand
Gewaschen und gekleidet in weißes Grabgewand.
Auf Bahren und auf Wagen getragen und geführt,
Mit Eichenlaub bekränzet, wie's Helden wohl gebührt.
So geht es nach dein Thore, die alte Stadt entlang,
Dumps tönet von den Türmen der Todtenglocken Klang.
Götz Weißenheim eröffnet den langen Leichenzug,
Er war es, der im Streite des Grafen Banner trug.
Er hatt' es nicht gelassen, bis er erschlagen war,
Drum mag er würdig führen auch noch die todte Schar.
Drei edle Grafen folgen, bewährt in Schildesamt,
Von Tübingen, von Zollern, von Schwarzenberg entstammt.
O Zollern! deine Leiche umschwebt ein lichter Kranz:
Sahst du vielleicht noch sterbend dein Haus im künft'gen Glanz?
Von Sachsenheim zween Ritter, der Vater und der Sohn,
Die liegen still beisammen in Lilien und in Mohn,
Auf ihrer Stammburg wandelt von Alters her ein Geist,
Der längst mit Klaggeberden auf schweres Unheil weist.
Einst war ein Herr von Lustnau vom Scheintod auferwacht.
Er kehrt' im Leichcntuche zu seiner Frau bei Nacht,
Davon man sein Geschlechte die Todten hieß im Scherz,
Hier bringt man ihrer einen, den traf der Kod ins Herz.
Das Lied, es folgt nicht weiter, des Jammers ist genug,
Will jemand alle wissen, die man von dannen trug:
Dort auf den Rathhausfenstern, in Farben bunt und klar,
Stellt jeden Ritters Name und Wappenschild sich dar.
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117
sechsten Schäfer. - 'Sckäfer, wie gefällt dir mein Pelz?' fragte
der Wolf. — 'Dein Pelz?' sagte der Schäfer. 'Laß sehen! Er
ist schön; die Hunde müssen dich nicht oft unter gehabt haben.'
— 'Nun so höre, Schäfer; ich bin alt und werde es so lange
nicht mehr treiben. Füttere mich zu Tode, und ich vermache dir
meinen Pelz.' — 'Ei sieh doch!' sagte der Schäfer. 'Kömmst du
auch hinter die Schliche der alteil Geizbälse? Nein, nein; dein
Pelz würde mir am Ende siebenmal mehr kosten, als er werth
wäre. Ist es dir aber ein Ernst, mir ein Geschenk zu machen, so
gieb mir ihn gleich jetzt.' — Hiermit griff der Schäfer nach der
Keule, und der Wolf floh.
7.
'O die Unbarmherzigen!' schrie der Wolf und gerieth in die
äußerste Wuth. 'So will ich auch als ihr Feind sterben, ehe mich
der Hunger tödtet; denn sie wollen es nicht besser/' — Er lief,
brach in die Wohnungen der Schäfer ein, riß ihre Kinder nieder
und ward nicht ohne große Mühe von den Schäfern erschlagen.
— Da sprach der Weiseste von ihnen: 'Wirthalen doch wohl Un-
recht, daß wir den alten Räuber auf das äußerste brachten und
ihm alle Mittel zur Besserung, so spät und erzwungen sie auch
war, benahmen!'
71.
Neinekens Geschenke.
Aus Goethe's Reineke Fuchs.
Werke. Stuttgart und Tübingen 1840- V, 249. — Neue Schriften. Berlin 1794. Dd. Ii.
(Nach Braun ist der Kater Hinze hingeschickt und vom Fuchs gleichfalls in eine arge
Schlinge gelockt worden; hierauf hat der Dachs Grimbart Neinckcn zwar glücklich hergebracht,
ein Versprechen jedoch von König Emmerich's herrlichem Schatze, der bei dem Busche Hüsterlo
und bei dem Brunnen Krekelborn vergraben sei, rettet den Schalk nochmals vom Galgen und
bringt ihn wieder zu Ehren, so daß, als er nach Rom und übers Meer pilgern zu wollen vorgicbt,
er überaus gnädig entlassen wird. Bei seinem Abschied lassen sich der Hase Lampe und der
Widder Bellyn bcthörcn, ihn nach seiner Burg zu begleiten. Den Widder führt er auf
kräuterreiche Weide; den Hasen nimmt er mit hinein, verzehrt ihn und steckt den Kopf des.
selben in seinen mit einem künstlichen Knoten versehenen Pilgerränzel, den er dem Widder unter
dem Bedeuten, cs seien wichtige Briefe darin, mit nach Hofe giebt. Als der König öffnet,
wird er rasend vor Zorn, läßt den Widder todten und beschließt, den schurkischen Fuchs, über
den mittlerweile zahlreiche neue Klagen ankommen, in Malepartus anzugreifen und zu ver-
nichten. Da eilt der Vetter Grimbart zu ihm und führt ihn zum König, um den alle Edlen
versammelt sind. Hier soll der Schelm nun ohne Gnade sterben; doch als er erfährt, der
Widder sei todt, schiebt er des Hasen Ermordung auf Bellyn und sagt, er habe nicht den
Kopf des Hasen gesandt, sondern die folgenden kostbaren Sachen, die der treulose Widder ve»
muthlich entwendet habe, und wird unter der Bedingung für immer begnadigt, daß er in
einem Zweikampf seine Redlichkeit beweisen wolle, was er auch verspricht und nach seiner
Werse hält.)
O mein König!' sagte darauf der listige Redner,
'Laßt mich, edelster Fürst, vor meinen Freunden erzählen,
Was Euch alles von mir an köstlichen Dingen bestimmt war.
Habt Ihr sie gleich nicht erhalten, so war mein Wille doch löblich.'
'Sage nur an,' versetzte der König, 'und kürze die Worte.'
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Extrahierte Personennamen: Ernst Neinekens Goethe's_Reineke_Fuchs Hinze Grimbart_Neinckcn Busche_Hüsterlo
Extrahierte Ortsnamen: Stuttgart Berlin Rom Malepartus
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mit der Menge der Ertränkten. Als eö darauf an die Ritter kam,
so gab es kein Vorwärts und kein Rückwärts auch für diese. An
den Seiten aber waren die Ditmarschen geschäftig, mit Spießen
und Pfeilen bloß die Pferde zu verwunden, die dann sich bäumten
und ihre Reiter abwarfen. Durch dieses'gewirre, die Ausdünstung
der Rosse, durch den auf dem Boden lastenden Pulverdampf ward
beim Sinken des Tages der Qualm so groß, daß die Angen nichts
mehr zu unterscheiden vermochten. Die vordersten Reiter schafften
sich zur Seite Bahn über die Leichen des Fußvolks, welche die
Gräben ausfüllten z man floh, unbewußt, wohin. Die in der
Mitte aber starben, ohne nur das Schwert ju zücken, eines drei-
fachen Todes: gestürzt, zertreten, ertränkt. An wenig Leichen fand
man Wunden. Wie die Noth wuchs, sahen sich die letzten im
Zuge mit ängstlichem Bemühen nach dem Rückwege um, den die
Wagen zusperrten. Hier war um so schwerer durchzukommen, weil
das verwundete Zugvieh das Fuhrwerk in die Quere warf, so
daß alles sich wie zu einer künstlichen Wagenburg verschränkte.
Es ist »inbekannt, aus »velche Weise die fürstlichen Führer den
Rettungsweg nach Meldorp zurückfanden. Hier boten sie die Be-
satzung auf zur Hülfe des geschlagei»en Hecres z aber als die Männer
des Süderstrandes nun erschienen und ihr Geschütz vor Nieldorp
anfflihren, da erwählten sie den schnellsten Rückzug nach Holstein.
Wäre der Strandinann zwei Stunden früher zur Stelle gewesen,
weder Kbnig noch Herzog »väre davon geko»iunen.
In dieser Schlacht von drei Nachmittagsstunden nahm der
Tod »»»»zählige Opfer. Der tapferen That folgte die Plünderung,
und manche Hand, die dem Kampfe sich entzog, war jetzt eifrig im
Ausplündern der Todten, bis sie ganz nackt dalagen, ihrer Waffen,
ihrer Kleider, der gefüllten Gürtel, selbst der Hern den beraubt, im
Erwürgen von Halbtodten, im Wüthe»» selbst gegen Leichen.
Wenige wurden ain »»ächsten Tage mit dein Lebe»» begnadigt.
Einige tmifcub Leichen begrub inan z aber die adelichei» Leichi»an»e
mußten auf freiein Felde verwesen.
Die Hälfte des dänischen Heeres fai»d hier dei» Tod, nach
»näßiger Schätzuiig sechstausend Mann. Die Garde allein verlor
vicrzehnhundertsechsundzwanzig Ma»»n; fünfzig Bürger von Rends-
b»irg blieben. Die Sieger zählte»» zweiui»df»»nfzig Todte von
den Ihren, acht von den Sbldi»ern. Die Däne»» schlugen ihren
ganzen Verlust ans mehr als zweibunderttausend Gulden an, »n»d
d»e Beute war übergroß: der Schatz an golde»»en »nid silbernen
Geschirren, unzählige Wagen mit Lebensmitteln und Kriegsgeräthe,
einige tausend Pferde, das sämmtliche Geschütz, groß und klein,
vier Last Pulver. Die herrlichste Trophäe aber »var, mit sieben
anderen Fahnen, die Dancbrogsfahne Waldemar's des Zweiten.
Sie faiid ihren Platz in der Kirche von Oldenwörden.
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]